Der Wildpark Remstecken

Ein beliebtes Naherholungsgebiet der Stadt Koblenz

Von Bernhard Kuczynski

Veränderte Fassung von: Kuczynski, B. (1993): "Der Wildpark Remstecken". In: Stadt Koblenz (Hg.): "Unser Stadtwald, die grüne Lunge von Koblenz". S. 133-143. Koblenz 1993: Veröffentlichungen der Stadt Koblenz.

Fährt man von Koblenz aus die Hunsrückhöhenstraße in Richtung Waldesch, so liegt rechter Hand im Stadtwald, am Ende einer langen Steigung, das Wildgehege Remstecken, das sich zu einem der beliebtesten Koblenzer Naherholungsziele entwickelt hat.

An einem nach Westen hin sanft geneigten Hang gelegen, erstreckt sich das Wildparkgelände vom ehemaligen Forsthaus aus in südlicher Richtung. Dieses oft sonnige und recht windgeschützte Areal bietet dem hier lebenden Rotwild, Damwild und Schwarzwild sowie den Enten, Singvögeln und Hühnervögeln gute Lebensbedingungen.

Für die Koblenzer ist es in wenigen Autominuten oder mit dem Linienbus zu erreichen, was auch kurz entschlossenen Besuchern die Möglichkeit bietet, “mal eben" in frischer Waldluft den An-blick von Wild und Natur zu genießen und zu entspannen.

Die unmittelbar am Wildpark gelegene Waldgaststätte bietet tagsüber dem Wanderer und Wildparkbesucher Gelegenheit zur Einkehr und wird am Abend auch gehobenen Ansprüchen an die Küche gerecht. Die kleinen Besucher haben darü-ber hinaus die Möglichkeit zu einem Pony-Rundritt durch das Wildparkgelände und zum Spielen auf dem angrenzenden Waldspielplatz.

Entwicklung und Aufbau

Seinen Ursprung hat das Wildgehege in einem kleinen privaten Damwildgatter, das der damalige städtische Revierförster Karl Köper Anfang der 50er Jahre für einen Damhirsch und ein Damtier auf seinem “Dienstland" anlegte. Dieses Gatter umfaßte nur etwa ein Viertel der heutigen Damwildfläche und befand sich gleich neben dem damaligen Forsthaus, der heutigen Waldgaststätte.

Das Damwild-Pärchen hat sich offenbar hier sehr wohl gefühlt und sich auch gut vertragen, denn schon Ende der 50er Jahre war die Nachkommenschaft so zahlreich, daß der Förster die eingegatterte Fläche vergrößern mußte, um sie dem ständig wachsenden Tierbestand anzupassen.

Zur Blutauffrischung wurde alsbald ein weiterer kräftiger Damhirsch gekauft, der kurze Zeit später das Rudel übernahm, allerdings erst nach erbittertem Zweikampf, bei dem er den alten “Platzhirsch" als seinen Nebenbuhler zu Tode geforkelt hatte.

Übernahme durch die Stadt Koblenz

Im April 1966 übernahm die Stadt Koblenz den Tierbestand und die Unterhaltung des Damwildgatters. Der Grundstein für ein städtisches Wildgehege als Naherholungsgebiet für die Koblenzer und ihre Gäste war gelegt!

Das Gatter fand großen Zuspruch bei der Bevölkerung, und schon bald wurde der Wunsch nach einer Vergrößerung und vor allem nach weiteren Wildarten laut. So erfolgte 1969 die Anlage des ersten Wildschweingatters, das allerdings noch nicht die Größe der heutigen Schwarzwildfläche umfaßte und nur außerhalb des Waldes lag.

1970 bereits erfolgte der Aufbau des Rotwildgeheges mit dem Rotwild-Futterhaus, das an der Grenze zwischen Rotwild- und Schwarzwildgatter errichtet wurde. Die Quelle am oberen N Rand der Rotwildwiese wurde gefaßt und erhielt- in Stein gemeißelt - den Namen “Hirschquelle".

Das Jahr 1971 brachte weitere Veränderungen für das Wildgehege: Nach der Pensionierung von Revierförster Karl Köper übernahm Anton Maas die Leitung der Försterei Remstecken und damit auch die Aufsicht über den Wildpark.

Unter seiner Federführung wurde zunächst das Damwildgehege auf seine heutige Größe erweitert. Im Nord-West-Winkel, nahe der heutigen Waldgaststätte, konnte das Damwild-Futterhaus in Holzbauweise errichtet und die massiv-hölzerne Brunnentränke in ihrer heutigen Form aufgestellt werden.

Im Süden der Gatterfläche, oberhalb des “Hubertus-Kappelchens", ließ er als Sicht- und Windschutz für das Damwild eine kleine langgezogene Dickung anlegen. (Im Winter, bei eisigen kalten Nord- oder Nordwestwinden kann man heute gut beobachten, wie sich das Damwild hinter diesem immergrünen Schutzstreifen aufhält. Während der Setzzeit im Frühsommer ziehen sich die Muttertiere ebenfalls gern hierhin zurück.)

Ebenfalls 1971 angelegt wurde der Ententeich, der durch die Remstecker Quelle gespeist wird und vornehmlich von Stockenten besiedelt ist. Zu ihnen gesellen sich immer wieder Wildenten aus dem Umland, die auf ihrem Flug von der Mosel zum Rhein (oder umgekehrt) hier einfallen und es offenbar auch gemütlich finden.

Aber auch Teichhühner haben sich hier eingefunden, und man hat fast den Eindruck, daß hier immer schon ein Teich war. Die kleine Insel umgeben von Schilf, Erlen und Weiden - bietet gute Nist- und Brutmöglichkeiten, die durch Fuchs und Marder nicht so einfach aufgestöbert werden können. Zusätzlichen Schutz bietet das Entenhaus am Ostufer, das von den Tieren gern angenommen wird. Eine spiegelnde “Habichtkugel" sorgt dafür, daß die Jungenten von dem herabschießenden Greifvogel nicht geschlagen werden.

Schließlich, nachdem im Jahre 1972 das Rotwildund das Schwarzwildgatter nach Südwesten hin in den Wald hinein auf die heutige Größe erweitert worden waren, errichtete man von 1979 bis 1982 oberhalb des Ententeiches Volieren für Singvögel und Hühnervögel sowie für seltenere Wildentenarten.

Damit war die Aufbauphase des Wildparks Remstecken, so wie er sich heute darstellt, beendet. Erwähnt werden soll hier, daß der Aufbau des Wildparks und seiner Einrichtungen maßgeblich durch Spenden der Koblenzer Sparkasse mitfinanziert wurde.

 

Die schweren Stürme 1984 und 1990

Die schweren Stürme seit 1984, insbesondere der Orkan “Wiebke" im März 1990, blieben nicht ohne Auswirkungen auf den Wildpark. Fast die Hälfte der Bäume im Rotwild- und Wildschweingatter stürzte um. Zwar blieben die Tiere wie durch ein Wunder unverletzt doch zeigte sich schon bald, daß trotz rascher Beseitigung des Sturmholzes der geschädigte Baumbestand sehr anfällig für die Borkenkäfer war, die sich durch das reichhaltige Bruchholz und die heißen Sommer l991 und 1992 übermäßig stark vermehrten. Die Folge war, daß äußerlich gesund aussehende Bäume stehend von den Käfern befallen wurden (und noch befallen werden) und rasch gefällt werden mußten, um das Absterben des Restbestandes zu verhindern. Durch die nun fehlende Beschattung kam es besonders in Teilen des Wildschweingatters zu rascher Bodenaustrocknung und Verhärtung, wodurch wiederum das Wachstum von Kräutern, Gräsern und Sträuchern ausbleibt.

Ausweichgatter erforderlich

Um den Boden und den Bewuchs der Gatterflächen wieder in einen vitalen und ansehnlichen Zustand versetzen zu können, ist die Anlage von Ausweichgattern erforderlich, in denen das Wild für die Dauer der Flächensanierung, also über Jahre hinweg, gehalten werden kann. Diese Ausweichgatter sollen jedoch nicht nur vorübergehend, sondern als dauerhafte Anlage geschaffen werden, um später immer wieder ein zeitweiliges Umsetzen der Tiere und somit eine “Erholung" der jeweils belasteten Flächen zu ermöglichen.

Der Bau von Ausweichgattern ist für die kommenden drei Jahre konkret geplant, wobei zunächst das derzeitige Schwarzwildgehege saniert werden soll. Für den Besucher werden die neuen Gehegeflächen genauso gut zu erreichen sein wie die bisherigen.

Der 90er Bestand

Der Tierbestand im Wildpark Remstecken wird intensiv betreut und kontrolliert. Immerhin umfaßt er heute beim Schalenwild im Durchschnitt 16 Stück Rotwild (davon 30 Kälber), 50 Stück Damwild (davon 13 Kälber) und 70 Stück Schwarzwild (davon 55 Frischlinge).

Die tägliche Fütterung und Betreuung des Gatterwildes sowie der Enten am Teich besorgte bis Herbst 1991 der Forstwirtschaftsmeister Josef Roos, der lange Jahre im alten Jagdhaus am Remstecken wohnte und auch maßgeblich am Aufbau des Wildparks mitwirkte. Seit Herbst 1991 liegt diese Aufgabe in den Händen von Landwirt Werner Dötsch aus Bisholder, der den zuständigen Revierförster auch bei der Regulierung des Tierbestandes unterstützt.

Die ständige tiermedizinische Betreuung der Beschaustelle Koblenz, erfolgt durch Tierärzte.

Die spezielle Betreuung der Volieren ist Aufgabe des Waldarbeiters Gerd Schreiber. Derzeit gibt es dort Jagdfasan, Rebhuhn, Steinhuhn, Wachtel, Buchfink, Rotkehlchen und Grünfink zu sehen. In der Entenvoliere leben Brandente, Krickente, Knäckente, Kolbenente, Reiherente und Mandarinente friedlich nebeneinander.

Die Tierbestandsregulierung, der Verkauf von Wild sowie die Aufsicht, Kontrolle und Verwaltung des Wildparks zählen zu den Dienstaufgaben des städtischen Revierförsters im Forstrevier Remstecken, Bernhard Kuczynski.

Ohne den regelmäßigen Reduktionsabschuß von Gatterwild würde das Gehege sehr schnell zu klein werden. Der Verkauf des Wildbrets bereitet bei den derzeit günstigen Marktpreisen keine großen Schwierigkeiten. Immer mehr Privatleute nutzen die Gelegenheit zum Kauf eines ganzen Frischlings oder eines jungen Stücks Damwild

auf Bestellung. So hat sich schon ein fester Käuferstamm gebildet, der “seinen Frischling" mitunter schon ein Jahr im voraus bestellen will. Ein fester Abholtermin und die garantiert eingehende Fleischbeschau des angebotenen Wildbrets werden vom Käufer positiv bewertet und auch honoriert.

Naherholungsziel

Wenn vormittags die Sonne vielversprechend scheint, steht für viele Koblenzer das Programm für den Nachmittag schon fest: “Wir fahren zum Remstecken". Das gilt ganz besonders für's Wochenende.

Dabei sind es nicht immer nur die Erwachsenen, denen diese gute Idee kommt. Oft sind es die “lieben Kleinen", die unbedingt wieder einmal dorthin wollen und dem Rest der Familie keinen Spielraum zur Diskussion lassen.

Mal stehen die Hirsche im Mittelpunkt ihres Interesses - besonders dann, wenn die kleinen Hirschkälber da sind - mal geht es mehr ums Entenfüttern am Teich.

Gewiß nie langweilig wird es ihnen am Wildschweingatter, denn hier ist immer “was los", weil jeder “Schwarzkittel" ständig seine Stellung in der Rotte behaupten will, getreu dem Motto:

Der Größere rempelt den Kleineren. Dieses Spiel üben sogar die ganz kleinen gestreiften Frischlinge, die etwa ab März zu bewundern sind und die ihre ganze Kraft einsetzen, den besten Platz an einer Zitze des Muttertieres zu ergattern.

Aber auch jeder erwachsene Tierfreund kann hier, wenn er genügend Zeit mitbringt, faszinierende Beobachtungen machen über das Zusamrnmenleben der Tiere und ihren Umgang miteinander. Im Gegensatz zur freien Wildbahn wird ihln hier von den Tieren nicht verübelt, wenn er länger verweilt oder fotografiert.

Wohl jeder Besucher, ob jung oder alt, wird hinterher feststellen: “Der Wildpark Remstecken ist wirklich ein gutes Stück Koblenz !"